300 Jahre Maria-Hilf-Kapelle

Wer einen Ort der stillen Einkehr und des Gebetes sucht ist in der zierlichen Barockkapelle in Oberherrlingen am richtigen Platz. Malerisch thront das wunderbar ausgemalte einschiffige Kapellchen über dem Lautertal und lädt Pilger wie Wanderer gleichermaßen ein. Wer vom Tal her zum Kirchlein wandert kann beginnend bei einer Ölberggrotte am Fuß des Kapellenhügels über 14 Kreuzwegstationen bis zu einer lebensgroßen Kalvariengruppe Andacht halten. Der Sage nach soll die ursprüngliche Kapelle im 13. Jahrhundert von Wolf von Klingenstein als Sühnekapelle in der Nähe der damaligen Hohlmühle erbaut worden sein. Der Sühne bedurfte es, denn, wie uns die Sage berichtet, versuchte der Ritter von Klingenstein aus Rache den Sohn seines verfeindeten Nachbarn, des Ritters von Ehrenstein, zu ermorden. Statt jedoch sein Vorhaben ausführen zu können, erschien ihm die Muttergottes, die den erst Vierjährigen schützend auf dem Schoß hält. Um seine frevelhaften bsichten zu büßen ließ er die erwähnte Kapelle errichten. Wann genau die ehemalige Kapelle verschwunden ist, kann man nicht mehr sagen, aber im Jahr 1708 begannen die Freiherren von Bernhausen mit dem Neubau der Kapelle an der heutigen Stelle. In der Zeit der Gegenreformation und des Barock war die besondere Verehrung Marias als Mittlerin und Adressantin für Bitten in der Not tief in der Frömmigkeit des Volkes und ebenso des Adels verwurzelt. So verwundert es nicht, dass bei der Neuerstellung der Kapelle das Deckengemälde die alte Sage vom Ritter von Klingenstein wieder aufnimmt. Das Gemälde wurde 1909 grundlegend restauriert. Ausdruck des besonderen Vertrauens, das die Wallfahrer Maria entgegenbrachten sind die Votivbilder, deren Faksimiles man an der Westwand der Kapelle bewundern kann. Die Votivbilder sind von den jeweiligen Stiftern als Dank für Hilfe in Not, etwa Errettung von schwerer Krankheit, der Muttergottes zum Geschenk gemacht worden. Sie zeigen in der Regel ein Gnadenbild, den Bittenden, den Anlass der Bitte und eine schriftliche Information zum Sachverhalt. Begleitet wurde die Schenkung der Tafeln häufig von reichen Votivgaben, die aber nicht erhalten sind.

Auf dem barocken Hochalter befindet sich eine Kopie des von Lucas Cranach d. Ä. gemalten Gnadenbildes der St. Jakobs Kirche in Innsbruck. Die Statue der heiligen Barbara aus dem Jahr 1420, die früher an der westlichen Außenwand über dem Eingang zu bewundern war wurde aus Sicherheitsgründen entfernt und durch die Statue des heiligen Joseph mit dem Kind ersetzt. Wie jedes Bauwerk musste auch die Maria Hilf Kapelle immer wieder renoviert werden. Es ist ein großes Glück, dass durch die Jahrhunderte die notwendigen Arbeiten zur Schönheit des Gesamtbildes der Kapelle beigetragen haben, wie beispielsweise die Ausmalung des Innenraumes von 1909. Seit 1925 steht die Kapelle unter Denkmalschutz. Heute finden nur noch wenige Gottesdienste in der Kapelle statt: Im Marienmonat Mai kann man regelmäßig stimmungsvolle Maiandachten besuchen und jedes Jahr am Pfingstmontag findet eine Festgottesdienst in und vor der Kapelle statt. In Herrlingen wird kolportiert, die Tradition des Festgottesdienstes gehe auf eine Gelübde während des Zweiten Weltkrieges zurück, bei dem versprochen wurde, jedes Jahr nach Maria Hilf zu pilgern, wenn Herrlingen bei den großen Bombenangriffen verschont werde. Wer dieses Gelübde geleistet haben soll, kann man heute nicht mehr nachvollziehen, Tatsache ist jedoch, dass Herrlingen nicht zerbombt wurde – und das allein ist schon mal ein Grund zur Dankbarkeit. Warum man auch immer auf den Berg hinauf zur Kapelle steigt, man sollte die Gelegenheit für ein Gebet in aller Stille nutzen und die schlichte Schönheit des Ortes auf sich wirken lassen.

Gudrun Wanka

„Droben stehet die Kapelle, schauet still ins Tal hinab…“
Dieses Gedicht von Ludwig Uhland fällt manchem Pilger oder Wanderer ein, wenn er von Herrlingen im Lautertal die Oberherrlinger Straße hinauf geht
und nach einem kurzen Steilstück die Ebene erreicht. Da steht sie vor ihm,
droben auf dem Berg, die Maria – Hilf – Kapelle, ein barockes Kleinod, für die
Herrlinger nur „onser Käppele“.
Seit vielen Jahrzehnten ist sie das Ziel von Wallfahrern und Pilgern, die Ihre Sorgen und Bitten vor die Muttergottes tragen. Viele Ehen wurden in der kleinen Kapelle geschlossen und viele Kinder wurden getauft. An den Sonntagen im Mai treffen sich Gläubige zu Maiandacht und jeden Pfingstmontag feiert unsere Gemeinde eine Bergmesse mit anschließender Fahrzeugsegnung.
Dieses Jahr war es ein besonderer Gottesdienst, ein Jubiläum. Vor 300 Jahren, im Jahre 1708, ließ der Oberherrlinger Baron, Freiherr von Bernhausen, die Kapelle erbauen.

Um dieses Jubiläum zu feiern pilgerten am 12. Mai viele Gemeindemitglieder
und Besucher zu Fuß und noch mehr mit dem Auto zur Muttergottes. Bei schönstem Wetter feierten wir mit vielen Besuchern aus dem ganzen Blautal den Jubiläums-Gottesdienst. Die anschließende Fahrzeugsegnung konnte Pfarrer Rometsch dieses Jahr nicht wie gewohnt zu Fuß vornehmen. Die große Anzahl an Fahrzeugen zwang ihn, den Segen aus dem fahrenden Auto zu spenden.
Anschließend war mit einem Weißwurstfrühstück, Kaffee und Kuchen auch für das leibliche Wohl gesorgt. Viele haben die Sonne, das Essen und die Gespräche genossen, bevor sie sich wieder auf den Weg ins Tal machten.

Rita Beschoner